Literaturlandschaft Ruhrgebiet

Von der Städtestadt zur Metropole Ruhr, von der Industriekultur zur Kulturindustrie. Das Ruhrgebiet ist spannend. Erleben Sie mit mir den Wandel und die literarische Vielfalt in ausgesuchten Hör- und Videobeiträgen. Hier finden Sie zudem Kommentare und Kurzbiografien der beteiligten Personen, Informationen zum REVIERCAST-Projekt, Verweise auf verwandte Projekte sowie aktuelle Nachrichten aus der Literaturszene im Revier.

Viel Vergnügen beim Stöbern ...

Karl-Heinz Gajewsky

"Inzwischen habe ich mir Ihre Website angesehen, das ist ja ein Opus magnum, an dem Sie da arbeiten, die literarische Kartographierung des Ruhrgebiets, großartig, und mich haben Sie damit in beste Gesellschaft aufgenommen."

Andreas Rossmann, FAZ

Wochenendseminar mit Krimi-Autor Reinhard Jahn (H.P. Karr)

Das Literaturbüro Ruhr e.V. lädt ein zum Wochenendseminar mit Krimi-Autor Reinhard Jahn (H.P. Karr):

22. - 24.05.2015, Kulturgut Haus Nottbeck, Oelde:
MACH ES KURZ!
Wie man verdammt gute Kurzkrimis schreibt

Kurze Kriminalgeschichten und Kurzkrimis gehören zum Standard des Krimigenres. Einen ganzen Mordfall so knapp wie möglich zu erzählen, eine fragile Psycho-Studie auf wenigen Seiten zu gestalten, knackig, komisch oder tragisch - alle Varianten sind möglich. Rund 500 Kurzkrimis, die jährlich in Anthologien erscheinen, beweisen, dass die Kriminalstory das Boomgenre der Branche ist. Dazu sind Stories das perfekte Programm für Lesungen, weil sie konzentriert und auf den Punkt gebracht eine komplette Geschichte präsentieren.

Das Seminar gibt einen Überblick über die verschiedenen Spielarten der Kriminalstory und vermittelt Erzähltechniken, um auf engstem Raum Spannung, Interesse oder Mitgefühl zu erzeugen. Wenn möglich wird an Beispielen gezeigt, wie es immer noch kürzer geht, wie man Charaktere, Motive und Handlungsbögen wirklich auf das Wesentliche konzentriert - und damit zum Kern einer Geschichte vorstößt.
Wer mag, kann eine fertige Kurzgeschichte -  nicht länger als 10.000 Zeichen - mitbringen.
Für Schreibinteressierte, Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen.

REINHARD JAHN lebt seit 1960 als freier Autor und Journalist im Ruhrgebiet. Er schrieb unter seinem Autorennamen H.P. Karr allein und gemeinsam mit Kollegen knapp ein Dutzend Krimis und Thriller und mehrere hundert Kriminalstories und gab zahlreiche Kurzkrimi-Anthologien heraus, darunter "Hängen im Schacht" und "Schicht im Schacht".  www.hpkarr.de 

Die Teilnehmergebühr beträgt 185 Euro und beinhaltet Vollverpflegung sowie zwei Übernachtungen im Einzelzimmer auf Kulturgut Haus Nottbeck/Oelde, 
Anmeldungen bitte an das Literaturbüro Ruhr, telefonisch unter 02043/ 99 26 44 oder per Mail an
Anmeldeschluss ist der 30.04.2015.


Gerd Herholz

Wissenschaftlicher Leiter
Literaturbüro Ruhr e.V.
Friedrich-Ebert-Str. 8
45964 Gladbeck

Tel.: (0049) 02043 992 168

Aus dem Archiv - H. Peter Rose: "Hydra" - Vorstellung des Romans von Chris Marten, 1. Oktober 2009 in der Buchhandlung Junius

I.
Seit Herbert Knorr 1976 den Förderpreis für Gelsenkirchener Künstler in der Sparte Literatur erhalten hat, lässt er mich an seinem kulturpolitischen Engagement für die Literatur- und Leseförderung ebenso teilhaben wie an seiner Arbeit als Autor oder Herausgeber. Und wenn dann ein neues Buch von ihm gedruckt ist, bittet er mich, es mit ihm in seiner Heimatstadt Gelsenkirchen „bei Junius“ vorzustellen.

„Diesmal ist es ein Kriminalroman!“ Mit diesem Satz brachte er mich mit seinem Anruf im Sommer sofort auf die richtige Spur. Da ich aber kein Krimileser bin, fühlte ich mich überhaupt nicht kompetent. Und als er dann auch noch von 733 Seiten Umfang sprach, sah ich mich durch dieses „Ziegelsteinformat“ überfordert. Außerdem wollte ich mit meiner Frau Urlaub vom Ruhrgebiet und von Gelsenkirchen machen.

Ich hatte also wenig Lust, wurde aber neugierig, als mir Herbert Knorr etwas über die Entstehung des Romans und über Raum und Zeit der Handlung erzählte. Daraufhin riskierte ich einen Blick ins Manuskript. Doch schon beim Lesen der ersten Seiten konzentrierte sich  mein Interesse ganz auf den „Fall“. Die Leselust hatte mich gepackt. Und so habe ich mir die Geschichte trotz Urlaub und Sommersonnenhitze im Salzburger Land in nur vier Tagen „reingezogen“. 

II.
Kriminalromane erscheinen oft unter einem Pseudonym und haben häufig auch kryptische Titel, die zwar reißerisch und rätselhaft viel versprechen müssen, aber nichts verraten dürfen. Tatsächlich spielt „Hydra“, die riesige Wasserschlange aus der griechischen Mythologie, mit ihren neun – oder waren es elf? – Köpfen, von denen einer sogar unsterblich war, im Roman eine Rolle. Doch wer ist dann dieser unsterbliche Kopf? Vielleicht der Täter? 

Und wer ist der Verfasser? Chris Marten? Nie gehört. Wer oder was verbirgt sich hinter dem Vornamen Chris? Christian – ein Mann? Oder Christiane – eine Frau? Oder ist er ein hybrides, zweigeschlechtliches Wesen? Ein Zwitter oder Hermaphrodit? In einem Krimi ist fast alles möglich…

Warum sollte Herbert Knorr den Krimi eigentlich nicht selbst geschrieben haben? Denn in Sachen Krimi-Literatur ist er mittlerweile ein anerkannter Fachmann. Er leitet nicht nur das Literaturbüro in Unna (seit 1994) sondern er hat dort auch die Biennale „Mord am Hellweg – Tatort Ruhr“ begründet. Dieses inzwischen größte Krimifestival in Europa wird 2010 zum 5. Male stattfinden. Seine bisher letzte literatur- und kulturpolitische Tat vollbrachte Herbert Knorr mit dem neu geschaffenen Europäischen Preis für Kriminalliteratur, dem „Ripper Award“, der, mit 11.111 € dotiert, in diesem Jahr zum ersten Mal an den schwedischen Kriminalautor Henning Mankell vergeben worden ist. 

Ja, Herbert Knorr schrieb den Krimi, aber er hatte mit Birgit Biehl eine Ko-Autorin an seiner Seite. Diese Arbeitsbeziehung hat hängt mit Berührungspunkten in ihren Biografien zusammen, die für den Krimi bedeutsam sind.

Herbert Knorr (Jahrgang 1952) holte als gelernter Bankkaufmann von 1974 bis 1976 über den 2. Bildungsweg am Oberhausen-Kolleg sein Abitur nach und studierte anschließend Germanistik und Geschichte für das Lehramt an der Universität Duisburg. Er verschaffte sich damit das wissenschaftliche Rüstzeug für einen Beruf auf dem Feld von Literatur und Kultur und promovierte 1988 mit einer Dissertation über „Experiment und Spiel im Erzählwerk Arthur Schnitzlers“. Bevor Herbert Knorr 1994 das Literaturbüro in Unna als Leiter übernehmen konnte, musste er sich schreibend und redend als freier Publizist durchschlagen und u.a. auch einige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen absolvieren. 

Birgit Biehl (Jahrgang 1944) wurde als Kriegskind in Stralsund geboren, strandete nach der Flucht in Hamburg und wuchs dort auf. Sie studierte Germanistik und Romanistik in Hamburg und Paris und schloss ihre Studien mit Staatsexamen und Promotion ab. Sie lebt in Krefeld und arbeitete bis 2007 als Studiendirektorin am Oberhausen-Kolleg. In einem Wanderjahr hat sie sich Afrika, Arabien und den Mittleren Osten erschlossen. Ihr besonderes Interesse gilt Afrika. In Mali, einem „vergessenen“ westafrikanischen Land, unterstützt sie mit Freunden vor Ort durch gemeinschaftliche nachhaltige Arbeit Krankenstationen und Schulen, um in Anerkennung der kulturellen Unterschiede Bildung und Ausbildung zu fördern. 

Beide, sie als seine Deutschlehrerin und er als ihr Schüler, hatten sich am Oberhausen-Kolleg kennen gelernt, sich dann aber Mitte der 1980er Jahre aus den Augen verloren. Das neue Jahrtausend führte sie zufällig wieder zusammen, nachdem Birgit Biehl über ihr Wanderjahr einen Reisebericht, „Spuren im Sand“, veröffentlicht hatte. Dabei entdeckten sie auch ihr beiderseitiges Interesse für die Kriminalliteratur. Und so reifte 2004 die Idee, ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse literarisch gemeinsam zu verarbeiten und einen Krimi zu schreiben. 2005 haben sie mit der Arbeit am Projekt „Hydra“ begonnen. Heute – vier Jahre später – liegt das vollendete Werk druckfrisch „bei Junius“ auf der Ladentheke.


III.
In aller Kürze nun ein paar Hinweise zum Inhalt, die ich dem Klappentext des Buches entnommen habe: 
Die Journalistin Beate Rehbein leidet nach ihrer Rückkehr aus dem Irak (2004) unter Albträumen. Sie findet nur allmählich in den Alltag zurück. Dann erhält sie eine scheinbar harmlose E-Mail, der immer seltsamere und bedrohlichere Nachrichten folgen. Als sie einen Anhang öffnet, wird sie Zeugin einer grausamen Hinrichtung. Sie will ihre Familie schützen und lässt sich auf das Spiel mit den gespenstischen Botschaften eines Serienmörders ein. Sie soll Sprachrohr sein und in einem großen Nachrichtenmagazin über die Verlierer der globalisierten Welt schreiben. Würde das nicht geschehen, müssten weitere Menschen sterben. Zwei sind bereits tot. Soviel steht fest: Der Mörder wählt seine Opfer aus der Namensliste eines Abiturjahrgangs. Doch wer wird der nächste sein? 

Dies ist der fiktive Teil der Geschichte. Um diesen Kern ist die Spannung aufgebaut. Raum und Zeit der Handlung sind jedoch real. Das Ruhrgebiet ist der Raum des Geschehens. Hier sind die Akteure zu Hause. Der Leser stößt auf vertraute Orte, aber ebenso erfährt er Neues über das Revier. Auch die Zeit ist real. Der zeitliche Ablauf ist wie ein Protokoll abgefasst: Wochentag, Datum, Uhr- oder Tageszeit, Ort. Er beginnt „Sonntag, 28. November 2004, 1. Advent, vormittags, Essen, Baldeneysee, Pastors Villa“ und endet „Sonntag, 10. Juli 2006, 21 Uhr 27, Essen, Auf dem Dach der Villa Hügel“. In diesem Rahmen von knapp 20 Monaten vollzieht sich die Handlung. Es ist die Zeit, in der Globalisierung, „Agenda 2010“ und „Hartz IV“ die Gesellschaft bewegen, weil die Kluft zwischen arm und reich sich deutlich vergrößert hatte. „Hydra“ ist im Milieu des neuen Mittelstandes angesiedelt. Es sind die in den 1950er Jahren Geborenen, die in der Zeit des Wirtschaftswunders aufgewachsen sind und nun als 50- bis 55jährige im Roman die Hauptrollen spielen. 

Diese Realitätsnähe schafft eine starke Unmittelbarkeit des Dabeiseins und Miterlebens. Sie wird erzeugt durch eine perfekte akribische Recherche aller realen und wissenschaftlichen Sachverhalte, welcher Art sie auch sein mögen. 

Der Täter, ein intelligenter, gebildeter Mensch, fühlt sich offenbar als Verlierer in unserer Gesellschaft. Er teilt seine Gedanken und Forderungen per E-Mail mit. Mit klassischen Zitaten, Anagrammen oder mystischen Buchstaben- und Zahlenspielen gibt er rätselhafte Hinweise in einem tödlichen Verwirrspiel. Er plant seine Morde eiskalt wie ein wissenschaftliches Experiment und inszeniert sie nach seiner eigenen makabren Ästhetik. Dazu dient ihm u.a. Friedrich Schiller als Rechtfertigung: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“. 

Sollte der Täter in „Hydra“ vielleicht auch ein „Verbrecher aus verlorener Ehre“ sein, wie ihn eben dieser Schiller schon 1786 in seinem Kriminalbericht zum Täter schrieb: „An seinen Gedanken liegt uns unendlich mehr als an seinen Taten, und noch weit mehr an den Quellen der Gedanken als an den Folgen.“

Mag der „Fall Hydra“ am Ende gelöst sein, so bleiben auch hier Fragen nach den Ursachen für das Mordmotiv offen. Schiller sei Dank fürs Vordenken, aber ebenso ist den Krimi-Autoren zu danken – sowohl für die spannende Geschichte als auch für die anregenden Erkenntnisse und Anstöße zum Nachdenken und Nachlesen.


Aus dem Archiv - H. Peter Rose: Ein Himmel auf Erden? Anmerkungen zur Vorstellung des Buches "Der Himmel ist unter uns" von Wolfgang Thiele und Herbert Knorr am 9. Oktober 2003 in der Gelsenkirchener Buchhandlung Lothar Junius

Vor einem Jahr rief mich Herbert Knorr an und berichtete mir von der sensationellen Entdeckung eines Hobbyarchäologen. Dieser, Wolfgang Thiele aus Nachrodt, wollte nämlich im Sauerland herausgefunden haben, dass es dort früh- und hochmittelalterliche Standorte kirchlicher Gebäude gäbe, deren räumliche Konstellationen Sternbildern des nördlichen Sternenhimmels aus der Zeit um 3000 v. C. entsprächen. Thieles Entdeckung in unserer engeren Heimat zwischen Rhein und Weser, Lippe, Ruhr und Main sei so etwas wie ein "erstes Weltwunder".

Überzeugt war ich von der Geschichte zunächst nicht. Ich blieb eher skeptisch-neugierig, wie es Herbert Knorr wohl auch gewesen sein mag, als Wolfgang Thiele ihn, den Leiter des Westfälischen Literaturbüros in Unna, im Sommer 1995 um Rat und Tat bei der Veröffentlichung seiner umfangreichen Aufzeichnungen bat. Knorr las das Manuskript und begriff: "Wenn das alles stimmte, was er da herausgefunden hatte... Unglaublich! Ein Himmel ... auf der Erde ... unter unseren Füßen ... aus der Steinzeit. 5000 Jahre alt!" Herbert Knorr hatte Feuer gefangen und stieg aktiv in das Forschungsprojekt "Der Himmel auf Erden" ein. –

Damit begann vor gut acht Jahren die gemeinsame Arbeit an einer wunderbaren Sache, aber wohl auch eine wunderbare Freundschaft zwischen dem unermüdlichen, ja besessenen Wolfgang Thiele und seinem "Alter Ego", dem anderen Ich, Herbert Knorr. Am Anfang stand die Idee, eine Vermutung, eine Hypothese, nämlich die Frage "Warum gibt es in Deutschland keine neolithischen Kultstätten wie im südenglischen Stonehenge oder im bretonischen Carnac?" Sie wurde schließlich mit dem Faktum einer ebenso verblüffenden wie faszinierenden Erkenntnis beantwortet:
Unter der Annahme, dass die ältesten Kirchen, Kapellen und Klöster auf dem Grund uralter heidnischer Kultstätten erbaut worden waren, konnten von 258 Standorten tatsächlich 237 – also 92 Prozent – eindeutig 17 Sternbildern und Einzelsternen zugeordnet werden! Und: dieser "Bodensternhimmel" bildete exakt eine Sternenkonstellation ab, die in der Zeit um 2800 v. C. in unserer Gegend nachts am Himmel zu sehen war.

Der Weg zu diesem Ergebnis war mit enormen zeitraubenden Mühen, mit Lust und Frust gepflastert. Wolfgang Thiele und Herbert Knorr haben den 25 Kapiteln ihres Buches Zitate vorangestellt. Eines, es ist dem Werk von Karl R. Popper "Die Evolution und der Baum der Erkenntnis" entnommen, trifft genau die Denk- und Arbeitsweise der Autoren in ihrem fortwährenden rastlosen Bemühen, den Prozeß der Beweisführung voranzutreiben.

"Denn ein Problem verstehen
heißt seine Schwierigkeiten verstehen;
und die Schwierigkeiten verstehen
heißt einsehen, warum es nicht leicht lösbar ist –
(...) So machen wir uns mit dem Problem vertraut
und können von schlechten Lösungen
zu besseren kommen – immer vorausgesetzt,
dass wir die schöpferische Fähigkeit haben,
immer neue Vermutungen aufzustellen."

Was jetzt als Buch vorliegt, ist der Bericht über den Forschungsprozess, in dem sich beide Autoren gemeinsam acht Jahre lang und Wolfgang Thiele allein noch mindestens 10 Jahre länger abgemüht haben, wissenschaftlich Licht ins frühgeschichtliche Dunkel zu bringen. Und das ist ihnen auch gelungen. Sie haben Erkenntnisse zu Tage gefördert, die von den etablierten Fachwissenschaften nicht ignoriert werden können. Gleichzeitig haben sie jedoch auch neue Fragen aufgeworfen. Fragen vor allem an die jeweiligen Fachwissenschaften, die nun gefordert sind, sich ihnen zu stellen und im Sinne der Aufklärung an ihrer Beantwortung mitzuwirken.

Ich habe das Buch zügig gelesen und versucht, den beschriebenen Forschungsprozess nachzuvollziehen und zu verstehen. Das war in aller Regel spannend und faszinierend, aber manchmal eben auch schwere Kost, wenn z.B. die entdeckten Sachverhalte durch komplizierte Berechnungen belegt werden. Wer sich darauf einlässt und begreift, wie da mit wissenschaftlichen Methoden, praktischer Vernunft, kriminalistischem Spürsinn, mit wachen Sinnen und hellem Verstand gearbeitet wurde und wie das erkenntnisleitende Interesse im Verfahren von Versuch und Irrtum zu schlüssigen Ergebnissen führt, der wird reich belohnt. Man spürt, wie die verschiedenen Wissenschaften ineinandergreifen und zusammenarbeiten müssen wie, um einige zu nennen, Geschichte, Geographie, Astronomie, Mathematik, Geometrie, Etymologie, Mythologie. Die Erkenntnisse der Fachwissenschaften müssen zusammengedacht und wie ein Puzzle zusammengesetzt werden. Und darüber hinaus ist Phantasie immer dann gefordert, wenn es Lücken im Mosaik gibt, die nach bestem Wissen und Gewissen geschlossen werden müssen.

Als ich die letzte Seite gelesen hatte, lag eine etwa einwöchige kulturgeschichtliche Lesereise in die Vergangenheit hinter mir. Manchmal ein bisschen beschwerlich, aber insgesamt faszinierend. Denn ich hatte mich auf etwas eingelassen, was mich eigentlich nie sonderlich interessiert hatte: Frühgeschichte und Astronomie.

Für die vor uns liegenden langen Winterabende, erzählt der "Himmel ist unter uns" eine Geschichte von Himmel und Erde, die sich vor 5000 Jahren in unserer Region, aber eben auch anderswo abgespielt hat. Denn wahrscheinlich, wir wissen es nicht, sind die über die Sterne vermittelten Beziehungen zwischen Himmel und Erde so alt wie die Menschheit auf diesem Planeten. Wer dieses Buch gelesen hat, wird ein Gefühl dafür bekommen, dass nicht nur die Zukunft eine Perspektive hat und offen ist, sondern auch die Geschichte. Mit Reisen ins Weltall allein werden die Rätsel und Probleme unserer Erde jedenfalls nicht gelöst.